Muenster – Wladiwostok. Wir sind am Ziel!


Ziel erreicht - Wladiwostok!Wir haben es geschafft: Vorgestern (18.11) sind wir in Wladiwostok angekommen. Wir freuen uns! Unser Ziel, die russische Hafenstadt, gelegen am Pazifischen Ozean, haben wir erreicht. Das wir wirklich am Ziel sind und in ueber acht Monaten Eurasien auf dem Landweg - 12.000 km auf dem Fahrrad – durchquert haben, muessen wir aber erst noch verstehen – ganz angekommen ist es bei uns noch nicht. Aber wir freuen uns nicht nur, dass wir am Ziel sind, wir sind auch schlichtweg sehr froh darueber: Denn seit unserer Abfahrt aus Beijing (Peking) hat sich das Wetter von einem goldenen chinesischen Herbst durch sibirische Winde hin zu einem fuer uns Europaeer kalten russischen Winter gewandelt. Mehr als einmal waren wir uns nicht sicher, ob wir es noch schaffen sollten, unser Ziel mit dem Fahrrad zu erreichen…

Der Herbst geht – der Winter kommt!

Schon in den ersten Tagen nach unserer Abfahrt aus der chinesischen Haupstadt, stellten wir fest, dass das Gelingen unserer letzten Etappe  – so wie noch nie zu vor auf der Reise – extrem tageslicht- und wetterabhaengig sein wird. Es ist Herbst – fast schon Spaetherbst. Je weiter wir nach Nord-Osten fahren, um so wahrscheinlicher ist ein ploetzlicher Wintereinbruch. Natuerlich sind auch die Tage schon kuerzer geworden. Zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang liegen nur noch ca. 10 bis 12 Stunden. Und diese verkuerzen sich nochmal, auf eine ganz eigene Weise…

Ueberall in China – Beijing Zeit gilt!

Obwohl sich China ueber mehrere Zeitzonen erstreckt, gilt im oeffentlichen Bereich, wie Abfahrtszeiten von Zuegen oder Oeffnungszeiten der Post, im gesamten Land, die Zeit, die in Beijing gilt – auch, wenn diese sich von der lokalen Zeitzone um bis zu zwei Stunden unterscheiden koennen. Diese Ausrichtung des oeffentlichen Lebens nach der Zeit in Beijing hat natuerlich auch  Auswirkungen auf den privaten Tagesrhythmus. Ist beispielsweise der Sonnenaufgang nach der lokalen Zeitzone um 5 Uhr, aufgrund der  in Beijing geltenden Zeitzone jedoch erst um 7 Uhr, orientiert sich auch der eigene Tagesbeginn nach der offiziellen Zeit: Denn wer steht schon um 5 Uhr morgens auf…Diese Orientierung fuehrt jedoch dazu, dass sich die knappen Stunden des Tageslichts nochmal um 2 Stunden verkuerzen: Bereits um 15 Uhr beginnt es zu daemmern, um 17 Uhr ist es stockdunkel…

Beijing Zeit – auch unser Rhythmus!

Auch wir orientieren uns, wie wohl alle anderen auch, an der Beijing Zeit. Trotzdem wollen wir gerne bei Tageslicht morgens abfahren und bei Tageslicht abends ankommen. Denn dann ist es einfacher, bei fehlender Strassenbeleuchtung den richtigen Weg zu finden, oder an geeigneter Stelle im besiedelten Gebiet das Zelt aufzuschlagen. Das fuehrt aber wiederum dazu, dass wir um spaetestens 18 Uhr im Schlafsack liegen. Muede sind wir da noch nicht so wirklich… Darueberhinaus wuerden wir gerne im Durchschnitt 100 km am Tag zurueckgelegen. Wir wollen zuegig nach Wladiwostok kommen, um so kurz wie moeglich im Winter radfahren zu muessen. Bei einer reinen Fahrzeit von fuenfeinhalb bis sechs Stunden, die wir fuer eine solche Distanz durchschnittlich benoetigen, wird das alles zeitlich sehr eng. Denn alleine fuer das morgendliche Zeltabbauen, das gemuetliche Fruehstuecken  und Zusammenpacken benoetigen wir ca. zwei Stunden. Wir koennetn natuerlich schon bei Sonnenaufgang aufstehen, doch die Waerme der Sonne ist schon nach unserer Abfahrt aus Beijing so schwach, dass sie es nicht schafft, uns aus den Schlafsaecken hervorzulocken…

Raus aus dem Dilemma – Hotel gegen Zelt!

Wir sind also in einem kleinen Dilemma, was sich bei jedem Kilometer, den wir weiter nach Nord-Osten fahren, verstaerkt – es wird immer kaelter. Wir loesen dies Dilemma ganz einfach. Wir uebernachten in Hotels oder Gasthaeusern. Diese sind so zahlreich und in jedweder Kategorien vorhanden, dass es kein Problem ist, ein geeignetes zu finden. Auf unserer letzten Etappe schlafen wir daher nur noch eine Nacht im Zelt.

Der goldene Herbst – kurz und schoen!

Die ersten Tage nach unserer Weiterfahrt aus Beijing (25. – 28.09) koennen wir noch den goldenen chinesichen Herbst geniessen. Helle, strahlend blaue Tage, an denen das schnell weniger werdende goldgelbe Laub der Baeume weithin sichtbar leuchtet. Beguenstigt durch einen leichten Suedwind, steigen die Temperaturen am Nachmittag sogar auf 10 bis 15 Grad an. Wir radeln im T-Shirt und in kurzer Hose. Laessig legen wir an diesen Tagen ueber 100km zurueck.

Die sibirischen Winde – kalt und heftig!

Dann ploetzlich dreht der Wind. Starke Winde aus Nordwest: Eiskalte Luft aus Sibirien und der Mongolei erreichen uns. Die Temperaturen pendeln sich um den Gefrierpunkt ein. Der stark boeige Wind, der uns fast  frontal erwischt, da wir nach Nord- Nord-Osten fahren, macht uns schwer zu schaffen – und drueckt unsere Geschwindigkeit auf flacher Strecke teilweise auf bis zu 9 km/h runter. Zudem sorgt der Wind dafuer, dass es eisig kalt ist. Am ehesten merken wir das an den Fuessen. Beim Radfahren bewegen sich die Zehe so gut wie ueberhaupt nicht und kuehlen schnell aus. Manchmal halten wir alle 10 bis 20 Kilometer an, um das Fahrrad einige hundert Meter zu schieben, damit die Zehe sich bewegen und wieder warm werden. An diesen Tagen (29.10 – 01.11) sind wir froh, wenn wir es schaffen 70 km zurueckzulegen, die naechste Stadt zu erreichen und abends im Hotel eine warme Dusche zu haben…

Das China Restaurant: Tellergericht Fehlanzeige!

Trotz der Kaelte treffen wir am Sonntag (01.11) auf zwei Rennradler, die eine kleine Tour machen. Obwohl wir uns nur sehr schwer miteinander verstaendigen koennen, rufen sie ein paar Freunde an, und laden uns zum Essen ein. Es geht so richtig rund: Es wird, wie in China ueblich unheimlich viel Essen bestellt. Dabei ist es nicht so, dass jeder, auch wie in China-Restaurants in Deutschland ueblich, ein Tellergericht bekommt. Vielmehr werden verschiedene Gerichte geordert, und beim Servieren auf einer runden, drehbare Platte abgestellt, die sich auf dem ebenfalls runden Tisch befindet, um den alle sitzten. Vor sich hat jeder einen kleinen Teller und waehrend des Essens nimmt man von den verschiedenen Gerichten. Und wer ein Gericht von der anderen Seite haben moechte, dreht einfach die Platte. Reis wird dabei immer gegen Ende des Essen serviert. Denn da Reis so billig ist, soll nicht der Eindruck entstehen, der Gastgeber waere nicht grosszuegig.

Wie Chinesen essen: gewoehnungsbeduerftig!

Wenn wir auf den Tisch vor uns blicken, kann von fehlender Grosszuegigkeit keine Rede sein: Es wird soviel bestellt, das nicht alles auf den Tisch passt, es muss gestapelt werden. Die Auswahl ist gross und spannend. Vor uns stehen u.a.: verschiedene gebratene, uns bekannte und  unbekannte Gemuesesorten, mehrere Variationen Fisch, eine Art Eisbein vom Schwein mit Sauerkraut und eine glibberige Paste, die sich als gelliertes Schweineblut entpuppt, und uns mehrfach als absolute Delikatesse angepriesen wird…Die Variationsbreite der Speisen ueberrascht uns nach fast drei Monaten in China nicht mehr. Aber an das “traditionelle Essverhalten” der Chinesen, koennen wir uns immer noch nicht gewoehnen – und heute erleben wir es hautnah: Rauchen waehrend des Essens, ist z.B. genauso selbstverstaendlich, wie das Entsorgen von Zigarettenkippen und Tischmuell aller Art auf den Fussboden: Knochen, Shrimpskoepfe, Graeten, Servietten usw. Zudem gelten lautes Schmatzen und Schluerfen beim Essen sowie das Nase Hochziehen und Ausspucken von Speichel auf den Fussboden nicht als unhoeflich, sondern – zumindest auf dem Land, weit entfernt von den Grossstaedten – als nicht ungewoehnlich…

Was Chinesen essen: interessant!

Als total normal sehen es die Chinesen auch an, so sagt ein Sprichwort, “alles zu essen, was vier Beine hat – ausser Tische”. Ja, auch Hunde werden in China gegessen, und sollen, wie uns z.B. Yuanyuan aus Hefei sagte, auch sehr schmackhaft sein. Es ist aber nicht so, dass ueberall Hundefleisch zu kaufen ist, denn wie so vieles von dem, was wir uns nicht vorstellen koennen zu essen, ist auch Hundefleisch kein Nahrungsmittel wie Kuh- oder Schweinefleisch, sondern eher ein selten serviertes Gericht. Im Supermarkt erhaelt man einen guten Eindruck darueber, welche Tiere die Chinesen gerne essen: Tiere mit zwei oder mehr Beinen (Froesche, Gefluegel, Shrimps, Krebse), sind dort genauso zu finden, wie Tiere ohne Beine (Schlangen, Maden, Fische)…

Die Millionenstaedte Chinas: funktional und charakterlos?!

Die Staedte, die auf unserer Route liegen und wir abends erreichen, sind oftmals Millionenstaedte oder knapp darunter: Shenyuang (6,5 Mio), Changchun (2,7 Mio), Jilin (2,1 Mio.) oder Mudanjiang (0,8 Mio). Grosse Unterschiede stellen wir in den verschiedenen Staedten nicht fest. Fast alle haben in den letzten Jahren massive Neubauten im Stile der – nennen wir sie – “chinesischen Moderne” erhalten. Oftmals haben die Haeuser eine mit schmucklosen Fliesen oder mit polierten Granitplatten verkleidete Aussenfassade. In den Vorstaedten werden viele Wohneinheiten in Hochhaeusern fuer den aufkommenden Mittelstand gebaut – riesige, am Reissbrett entworfende Areale. Hier jedoch oftmals in einer ansprechenderen Architektur. Ueberall geniesst die Verkehrsfuehrung eine absolute Prioritaet. Mehrspurige Strassen in jeder Richtung durchziehen die Staedte. Verkehrsstaus gibt es hier wenig. Dem Konsum sind auch keine Grenzen gesetzt. Verfuegbar ist alles – natuerlich auch Mc Donald und KFC oder Adidas und Nike… Das historische China ist nur noch selten zu sehen. Insgesamt wirken viele Staedte auf uns leider rein funktional ausgerichtet, gesichts- und charakterlos… Ein Tribut, das China an die rasante Entwicklung der letzten Jahre – die den Lebensstandard vieler verbessert hat – zahlen musste…?!

Das  Stadt- und Landgefaelle: unuebersehbar!

Demgegenueber scheinen viele kleine Ortschaften, die wir tagsueber durchfahren, von der rasanten Entwicklung kaum profitieren. Das Stadt- Landgefaelle ist unuebersehbar. Gerade die Landwirtschaft scheint davon betroffen zu sein. Der Einsatz von Kuehen als Zugtiere ist hier die Regel. Und auf den Feldern ist der Einsatz von technischem Geraet nur selten zu sehen. Die jetzt stattfindene Maisernte wird groesstenteils von Hand durchgefuehrt: Das Sensen der Maispflanze, das Ernten der Maiskolben, das Buendeln der Maispflanze zum Trocknen, sowie der spaetere Abtransport. Und das alles bei Temperaturen um den Gefrierpunkt, eiskaltem Wind und wie wir spaeter noch sehen sollten, auch bei Schnee…

Kein Witz: Das Amt fuer Wetterbeinflussung!

Waehrend wir bei strahlend blauem Himmel frieren, haben die Menschen in der Hauptstadt Chinas zudem mit heftigen Schneefaellen zu kaempfen (04.11). Schon seit laengerem versuchen die Chinesen durch das Verspruehen von Chemikalien in der Atmosphaere lokale Wetterverndaerungen zu erzeugen. Zustaendig hierfuer ist das Amt fuer Wetterbeeinflussung. Auf diese Weise wurde sowohl bei der Eroeffnungsfeier der Olympischen Spielen 2008 als auch bei der Millitaerparade zum 60.  Gruendungstag der Volksrepublik China in diesem Jahr, fuer einen strahlend blauen Himmel gesorgt. Um der anhaltenden Trockenheit in der Region um Beijing etwas nachzuhelfen, hat das Amt fuer Wetterbeeinflussung versucht, Regen zu erzeugen. Durch die ploetzliche Kaltfront, verwandelte sich der Regen in Schnee – und die Hauptstadt im Chaos…

Es hat geklappt: Die 200 Kilometer Marke ist geknackt!

Mittlerweile hat der Wind wieder gedreht, und warmer Suedwind erreicht uns. Die Temperaturen steigen von heute auf morgen wieder auf +10 Grad Celsius an: Kommt der Wind aus Nord-Nord-West, bringt er die Kaelte Sibiriens zu uns: denn in der Mongolei und Sibieren ist es bereits weit unter 0 Grad. Kommt der Wind dagegen – wie jetzt – aus dem Sued-Sued-Westen, profitieren wir von den warmen Temperaturen von ueber + 20 Grad, die noch im Sueden herrschen. Zudem bedeutet Suedwind fuer uns Rueckenwind. Und es passiert das, was wir uns fuer die Radreise gewuenscht hatten: Wir schaffen es, an einem Tag (05.11) ueber 200 km zurueckzulegen…

Internet I: Zugangskontrolle!

In Changchun, der Hauptsstadt der Provinz Jilin, wo Volkswagen ein grosses Werk gebaut hat, legen wir einen Ruhetag ein. Einige Zeit verbringen wir im Internet Café. Weiterhin ungewoehnlich ist fuer uns die Zugangskontrolle zum Internet: Es herrscht Ausweispflicht. Daran hatten wir uns bereits in Beijing abfinden muessen. Dort wurde unser Reisepass eingescannt und ein Photo von uns gemacht, bevor es moeglich war, das Internet nutzen zu koennen. In Changchun funktioniert das erstmal nicht. Das Internet Café ist nicht auf Auslaender eingestellt. Wer hier ins Internet moechte muss einen chinesischen Personalausweiss haben. Aus diesem werden, aehnlich wie beim Bezahlen mit Kreditkarte, elektronisch die Daten ausgelesen und gespeichert. Unser Reisepass ist fuer dies Verfahren natuerlich nicht zu benutzen. Nach mehreren Anlaeufen, finden wir ein Internet Café, bei dem wir ueber die Personalausweise der Mitarbeiter die Zugangskontrolle ueberwinden koennen…

Internet II: Informationskontrolle!

Neben der Zugangskontrolle versucht die chinesische Regierung auch die Inhalte des Internets zu kontrollieren. So werden ueber 30.000 Beamte bei der Polizei damit beschaeftigt, um  Internetseiten zu kontrolllieren und durchaus auch abzuschalten, die sich z.B. kritisch ueber die Situation in China aeussern, wie Amnesty International oder zur Meinungsaeusserung genutzt werden koennen, wie www.blogger.com…

Der Wind dreht erneut: Tagsueber minus 10 Grad!

Changchun und Wladiwostok liegen nur noch knapp 550 km Luftlinie von einander entfernt. Da wir aber nur den noerdlich von Wladiwostok gelegenen Grenzuebergang Suifenhe – Pogranicnyi nutzen koennen, ist die tatsaechliche Fahrstrecke mit knapp 950 km um einiges laenger. Hinter Changchun dreht der Wind erneut und die Temperaturen fallen innerhalb von wenigen Tagen von + 10 Grad (mittags) auf – 10 Grad (morgens). Bei solchen Temperaturen faellt selten Schnee. Und so radeln wir dick eingepackt bei strahlend blauem Himmel, weiter in Richtung Wladiwostok. Da der Wind nicht boeig weht, sind diese Temperturen besser zu ertragen, als eiskalte Winde um den Gefrierpunkt.

150 km noerdlich von Nordkorea: Sieht hier aus wie im Teuto!

Hinter Changchun verlassen wir das dicht besiedelte Gebiet der frueheren Mandschurei und gelangen in den waldreichen und weniger bevoelkerten Teil von Chinas Nord-Osten. Von hier aus ist es – zur Orientierung – bis Nordkorea nicht mehr weit. Knapp 150 km suedlich verlaeuft die Grenze. Zusehends wird die Landschaft huegelig. Wir fahren auf 300 bis 600 m Hoehe. Die Gegend erinnert uns an zu Hause: es sieht aus wie im Teutoburger Wald bei Bad Iburg oder in den Baumbergen um Muenster…

Es hat geschneit: Erster Sturz bei Tageskilometer Nr. 2!

Mit der Hoehe steigt die Schneefallwahrscheinlichkeit. Und als wir in Mudanjiang morgens aus dem Fenster schauen, ist der Schnee da (12.11). Durch den massiven Autoverkehr ist dieser schnell festgefahren und in der Stadt ist es aeussert glatt. Das gleiche passiert mit dem Schnee durch die Fussgaenger auf den Buergersteigen. Erst mit einem Tag Verspaetung wird angefangen, die Strassen und Gehwege notduerftig von Schnee und Eis zu befreien. Vor Busshaltestellen wird anscheinend nicht geraeumt, denn genau hier legt sich Joern filmreif ab. Weder dem Fahrrad noch ihm passiert etwas. Die Ortlieb Radtaschen bilden eine Art Knautschzone, schuetzen ihn und das Rad – und tragen auch selber keinen Schaden davon…

Trotz Schnee und Eis: Kaum Kriechetappen!

Nach dem fruehen Sturz – wir waren gerade zwei Kilometer gefahren – hatten wir uns schon gedanklich auf eine Kriechetappe eingestellt. Doch ausserhalb der Stadt ist die Schneedecke von den Autos weitesgehend festgefahren und durch die Schneeketten der LKW so aufgerissen, dass das Profil unserer Reifen guten Halt im Schnee findet. Unsere Durchschnittsgeschwindigkeit betraegt an diesen Tagen ca. 16 km/h…Teilweise werden in den Aussenbereichen mit maechtigen Schneefahrzeugen in wenigen kurzen Abschnitten die Strassen sogar geraeumt. Hin und wieder schneit es. Je nach Hoehenlage liegen hier ca. 10 bis 30 cm Schnee. Die Bauern arbeiten auf den Feldern…

Frostige Kaelte: Eiszapfen am Kinn!

Es ist weiterhin sehr kalt, wir tragen ein Tuch vor dem Mund, das zusammen mit der Muetze nur noch ein kleiner Sehspalt im Gesicht frei bleibt.Unsere warme Ausatemluft kondensiert dabei im Gesichtsschutz. Die feuchten Stellen am Mundschutz gefrieren und unterhalb des Kinns bilden sich lustige Eiszapfen…

Unsere Frage: Wladiwostok – eher europaeisch oder asiatisch?

Tag fuer Tag kommen wir der Grenze zu Russland ein Stueck naeher. Und dann erreichen wir den Grenzort Suifenhe (15.11). Bei unserer Ankunft zeigt das ueberdimensionale Thermometer in der Mitte eines Kreisverkehres – 9 Grad an. Direkt am naechsten Tag wollen wir mit dem Rad ueber die Grenze nach Russland. Wir sind sehr gespannt, wie dieser Teil Russlands sein wird. Denn auf der einen Seite liegt Wladiwostok geographisch in Asien. Auf der anderen Seite wird es aber von Moskaus aus regiert, dass geographisch in Europa liegt…

Stopp fuer Radfahrer: Das ist eine Bus-Grenze!

Doch so einfach ist es nicht die Grenze zu passieren. Der Grenzbeamte erklaert uns, dass Einzelreisende wie wir nur im Bus ueber die Grenze kommen koennen. Es ist eben eine Bus-Grenze. Aha. Wieder was gelernt. Wir muessen also zurueck in die Innenstadt und ein Busticket kaufen, unsere Fahrraeder im Bus verstauen und mit dem Bus ueber die Grenze fahren.

Unsere Antwort: Viiiiel mehr Europa und viiiiel weniger Asien!

Und als wir am Busbahnhof auf andere Reisende in Richtung Russland treffen, beantwortet sich unsere Frage, wie asiatisch oder europaeisch Wladiwostok wohl seinen wird, ganz schnell. Wir blicken in europaeisch aussehende Gesichter mit gruenen und blauen Augen, sehen Frauen mit rot und blond gefaerbten Haaren und fast jeder zweite steckt in einem Pelzmantel. Es riecht kraeftig nach Parfuem (Zur Info: Die Chinesen benutzten so gut wie kein Parfuem, da es nur “stinkende Menschen” brauchen). Und sofort erklingt die fuer uns noch vertraute Frage: “Adkuda?” (Wo kommt hier her?). Wladiwostok ist viiiiil mehr Europa und viiiil weniger Asien…Und mit dem Wissen, das bis zum Jahr 1917 bereits ueber 250000 russische Siedler in den ab 1860 gegruendeten Staedten lebten, wie z.B. Wladiwostok, ist die Antwort auch ueberhaupt nicht verwunderlich…

Was fuer ein Spass: Endlich wieder Quatschen!

Bevor wir in den Bus einsteigen, werden unser Gepaeck und die Fahrraeder gewogen: alles zusammen weniger als 100 kg. Wer haette das gedacht. Der Bus ist voller Russen, die zum Einkaufen nach China fahren. Es macht Spass, sich wieder mit den Leuten zumindest etwas unterhalten zu koennen. Das Russisch, was wir bisher auf der Reise gelernt haben, ist sofort wieder praesent. Sobald es moeglich ist, sich mit den Menschen auch nur ein bisschen austauschen zu koennen, ist man ihnen sofort viel naeher. Aufgrund der grossen Sprachschwierigkeiten, hat das in China leider nur sehr selten geklappt…

Was fuer ein Aerger: Alles wieder teurer!

In Pogranicnyj, dem Grenzort auf russischer Seite muessen wir uebernachten, da die Grenzabfertigung recht lange gedauert hat. Ivan, der uns auf der Strasse anspricht, hilft uns ein fuer Russland guenstiges Hotel zu finden. Vieles ist in Russland so teuer wie in Deutschland. Der Standard oftmals darunter. Die Dusche im Hotelzimmer hat nicht wirklich warmes Wasser. Die Matratzen sind durchgelegen. Trotzdem kostet es pro Nase umgerechnet 18 Euro – ohne Fruehstueck…

Was fuer ein Genuss: Endlich wieder Brot!

Mit dem Grenzuebertritt haben wir Asien verlassen. Nur sehr wenig erinnert in Pogranicnyj daran, dass China nur wenige Kilometer entfernt liegt. So bieten die Geschaefte die Produkte an, die auch in Moskau oder bei uns zu bekommen sind – in China aber nur selten zu finden sind: Brot, Kaese und Wurst. Nach knapp 3 Monaten geniessen wir wieder ein Brot mit Wurst und Kaese. Man, was haben wir das vermisst…

Nicht nur wegen des Essens, auch wegen der europaeischen Gesichter, der geringeren Sprachbarriere, der kyrillischen Schrift und der typisch russischen und sowjetischen Architektur der Haeuser, fuehlen wir uns eher so, als waeren wir im europaeischen Teil Russlands, und nicht nur einen Katzensprung von China, Korea oder Japan entfernt…

Muenster – Wladiwostok: Wir sind am Ziel!

Wieder ist der Himmel strahlend blau, als wir zu unserer letzten Tageetappe von Ussurijsk nach Wladiwostok aufbrechen. Seit drei Tagen ist kein Schnee mehr gefallen. Um bei Tageslicht in Wladiwostok anzukommen, sitzen wir um 8 Uhr auf dem Fahrrad. Es ist bitter kalt. Die Displays unserer Fahrradtachometer sowie das des Holux verblassen und reagieren verlangsamt. Die Kaelte fuehlt sich am Koerper wir Nadelstiche an. An diesem Morgen ist es wohl unter – 10 Grad. Gegen Mittag fahren wir an einer Tankstelle vorbei. An der Preistafel ist eine Thermometer angebracht. Es zeigt – 13 Grad. Vor Wladiwostok verdichtet sich der Verkehr zusehends. Und dann, ca. 20 km vor dem eigentlichen Stadtzentrum ueberfahren wir gleichzeitig die Stadtgrenze von Wladiwostok: Wir haben unser Ziel erreicht (18.11)!

Ausblick: Wie geht es weiter?

Bis zum 27.11 werden wir in Wladiwostok bleiben, um dann mit der Transsibirischen Eisenbahn mit einem Zwischenstopp Irkutsk nach Moskau zu fahren. Die Fahrkarten haben wir bereits gekauft. Einen Gepaeckwagen gibt es nicht. Wir sind also sehr gespannt, wie wir unser Gepaeck und die Fahrraeder in den Zug bekommen…

Reisestatistik

25.10 Beijing – Jixian: 118 km

26.10 Jixian -  kurz hinter Zunhua: 102 km

27.10 k.v. Zuhuna – kurz vor Mutoudeng: 101 km

28.10 k.v. Mutoudeng – Suizhong: 135 km

29.10 Suizhong – Huludao: 75 km

30.10 Huludao – Linhai: 73 km

31.10 Linhai – Panshan: 77 km

01.11 Panshan – Liaozheng: 80 km

02.11 Liaozheng -  Shenyuang: 80 km

03.11 Ruhetag in Shenyuang

04.11 Shanyuang – Kaiyuan: 112 km

05.11 Kaiyuan – Changchun: 217 km

06.11 Ruhetag in Changchun

07.11 Changchun – Jilin: 125 km

08.11 Jilin – Jiahoe: 107 km

09.11 Ruhetag in Jiahoe

10.11 Jiahoe – Dunhua: 114 km

11.11 Dunhua – Jingpo: 89 km

12.11 Jingpo – Mudanjiang: 119 km

13.11 Ruhetag in Mudanjiang

14.11 Mudanjiang – Mulengzhen:  73 km

15.11 Mulengzhen – Suifenhe: 95 km

16.11 Suifenhe – Pochcranichni: 16 km (Grenzuebergang)

17.11 Pochcranichni – Ussurijsk: 99 km

18.11 Ussurijk – Wladiwostok: 106 km

19.11 Aufenthalt in Wladiwostok

20.11 Aufenthalt in Wladiwostok

21.11 Aufenthalt in Wladiwostok

22.11 Aufenthalt in Wladiwostok

23.11 Aufenthalt in Wladiwostok

24.11 Aufenthalt in Wladiwostok

25.11 Aufenthalt in Wladiwostok

26.11 Aufenthalt in Wladiwostok

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Artikel vom 20. November 2009 | Joern | Nachricht an Joern schreiben